Podcasts – eine Erfolgsgeschichte seit fast zwei Jahrzehnten

Gemischtes Hack, Fest & Flauschig, Tagesschau. Was klingt, wie eine wahllose Aneinanderreihung verschiedener Worte, sind in Wirklichkeit die meistgehörten Podcast 2020 in Deutschland auf Spotify. Seit einigen Jahren ist ein neuer Hype um das Medium Podcast ausgebrochen. Auf Streamingdiensten wie Spotify oder über neue Podcast-Apps, werden so viele Podcasts gehört wie noch nie. Auch die Themen der Audio-Sendungen sind so vielfältig, wie nie zuvor. Wie es dazu kam, wo die Ursprünge des Podcasts liegen und warum Angela Merkel zu den Early Adoptern zählt, kannst du in diesem Beitrag erfahren.

Vom iPod bis zu Spotify

Podcast statt Broadcast

Zunächst müssen wir klären was der Begriff Podcast eigentlich bedeutet. Bei dem Begriff handelt es sich um eine Wortneuschöpfung. Nach der gängigen Erklärung basiert der Begriff auf dem Eigenname iPod (einem MP3-Player von Apple) und dem englischen Verb to broadcast (=senden, übertragen). Zusammengesetzt ergibt sich das Wort Podcast. Diese Vermutung liegt nahe, da im Jahr 2001 der erste iPod von Apple erschien. Allerdings gibt es auch eine andere, weniger bekannte Erklärung für das englische Kofferwort. Dabei steht das Pod in Podcast für “play on demand”. Auch wenn der wahre Ursprung des Begriffs nicht klar ist, verschafft die zweite Erklärung eine wesentlich verständlichere Beschreibung des Formats. Denn schon frühe wissenschaftliche Veröffentlichungen weisen auf eine irreführende Bezeichnung hin. Zum einen können Podcasts nicht nur mit Geräten von Apple abgespielt werden und es ist auch nicht deren Erfindung, zum anderen sind Podcasts nicht zwangsläufig darauf ausgerichtet möglichst große Hörerzahlen durch massentaugliche Inhalte zu erreichen, wie es das Wort broadcast nahelegt. Der Begriff hat sich dennoch durchgesetzt und ist 16 Jahre nach seiner erstmaligen Nennung den meisten Menschen ein Begriff. Technisch gesehen, handelt es sich um Audiobeiträge mit optionalem Video (Video-Podcasts), die über das Internet abgerufen werden können. Durch den rasanten Erfolg des neuen Mediums, wurde der Begriff bereits 2005 in das „Oxford Dictionary of English“ integriert und außerdem vom „New Oxford American Dictionary“ zum Wort des Jahres 2005 gekürt.

Prägung und Anfänge

Um zu verstehen wie das Format Podcast entstand und warum das Internet für Angela Merkel Mitte der 2000er scheinbar doch kein Neuland war, müssen wir zunächst die Entwicklung in den USA betrachten. Denn erst leicht verzögert erreichte uns der Trend in Deutschland. Tristan Louis und Dave Winer gelten als technische Wegbereiter der Podcasts. Im Jahr 2001 entstand die erste Version der Software, mit der es möglich wurde Webseiteninhalte gesammelt und einheitlich zu abonnieren, sodass der Abonnent fortwährend informiert werden konnte, sobald neue Inhalte auf einer abonnierten Website zur Verfügung standen. Zum damaligen Zeitpunkt umfasste diese Technik jedoch lediglich textbasierte Webinhalte. Erst in den darauffolgenden Jahren wurden auch Audio-Blogs (Podcasts) eingebunden. Die viel besprochene Verbreitungstechnik RSS wurde somit zum Standard für das Abonnieren von Website-Inhalten.

Jedoch wurde erst 2004 mit der ersten Podcast Episode von Adam Curry der Grundstein für Podcasts gelegt. Der amerikanische Moderator gilt als Begründer der Podcasts und wird scherzhaft auch als Podfather bezeichnet. Im selben Jahr wurde der erste Podcast-Dienstleister Linbysn.com (Liberated Syndication) gegründet. Darauf wurden die ersten DIY Leitfäden veröffentlicht und Yahoo! stellte seine Podcast-Suchseite vor. Des Weiteren wurde der erste sechsstellige Werbedeal von dem Podcast Mommycast mit dem Geschirrhersteller Dixie unterzeichnet. Auch der ehemalige U.S. Präsident George W. Bush entdeckt den Podcast für sich und hielt jede Woche eine Ansprache über das Medium. Ein weiterer Meilenstein war die Einführung von Podcasts in iTunes 4.9. Steve Jobs Key-Note aus dem Jahr 2006 wurde mithilfe der GarageBand-Software von Apple in einen Podcast umgewandelt. Im selben Jahr erschien zu Weihnachten die Ansprache der Königin Elisabeth zum Weihnachtstag als erste Podcast aus dem Buckingham Palace. 2007 stellte der Komiker Ricky Gervais mit mehr als einer Viertelmillion Downloads pro Folge einen neuen Weltrekord auf. Laut Edison Research kannten im Jahr 2019 43% der Amerikaner den Begriff Podcasting und 25% konsumieren herunterladbaren Medien. Nick Quah teilt die Geschichte des Podcasts in zwei Hauptepochen ein: “Alles was vor und nach 2014 passiert.” Quah beschäftigt sich in seinem Podcast Servant of Pod mit der Kultur und dem Geschäft Podcasting. Des Weiteren ist er der Redakteur des führenden Newsletter Hot Pod in der Podcast Branche und Gastgeber der Konferenz Hot Pod Summit auf der alle wichtigen Entscheidungsträger aus der Podcast-Branche zusammenkommen. Quah berichtete, dass sich die monatliche Zahl der Podcast-Hörer in Amerika in den fünf Jahren nach 2014 verdoppelt haben von 39 Millionen auf geschätzt 90 Millionen Amerikaner. In den 5 Jahren vor 2014 wuchs die Anzahl der monatlichen Hörer nur um 35%. Auch US Präsident Barack Obama nutzte das Format Podcast indem er 2014 von Marc Maron im WFT Podcast interviewt wurde. Ein weiterer großer Meilenstein geschah im Jahr 2019 als Spotify die Podcast Netzwerke Gimlet Media und Anchor FM Inc. übernahm und damit selbst als einer der wichtigsten Akteure im Bereich Podcasts wurde.

Wie sieht die Entwicklung in Deutschland aus?

Das Format Podcast erlebte in Deutschland mehrere Phasen. Stephan Schreyer beschreibt die Entwicklung in dem Buch Podcasts in der Unternehmenskommunikation in mehreren Wellen. Die erste Welle beginnt in den Jahren 2005/2006, also kurz nachdem in den USA der neue Trend für Aufsehen sorgte. Zu dieser Welle und damit zu einer der ersten Podcaster zählt unter anderem Angela Merkel. Schon im Jahr 2006 startete sie mit ihrem wöchentlichen Videopodcast, den sie bis heute führt. Trotz dieser beachtlich frühen Nutzung des neuen Mediums, blieben Podcasts zunächst ein Nischenphänomen. Zwischen 2008 und 2011 fand die zweite Welle in der deutschen Podcast-Szene statt. Durch die steigende Verbreitung von Smartphones und günstigere Angebote für das mobile Internet, nahm die Verbreitung von Podcasts weiter zu. Etwa seit 2016 professionalisiert sich der Podcast-Markt deutlich. Insbesondere seit den letzten drei Jahren sind Podcasts nicht mehr wegzudenken. Laut Podratings-Studie von Goldmedia aus 2020 sind 31% der Podcast-Hörer in Deutschland in den letzten zwei bis drei Jahren auf das Medium Podcast gestoßen. 44% nutzen das Medium seit ungefähr einem oder weniger als einem Jahr. Der Podcast erlebt in Deutschland seit 2018 eine neue Blütephase. Dabei gibt es ein breit gefächertes Angebot, welches auf eine wachsende Nachfrage trifft. Im Jahr 2020 kannten 56% der Befragten den Begriff Podcast und 15% gaben an, mindestens einmal innerhalb der letzten Wochen einen Podcast gehört zu haben. Das entspricht ca. 10 Millionen regelmäßigen Hörern in Deutschland.

Zahlen, Daten, Fakten zum Thema Podcast

Deutschland im internationalen Vergleich

Zunächst einmal wäre interessant zu wissen, wie die Nutzung von Podcasts in Deutschland im Vergleich zum Rest der Welt aussieht. Laut der Studie von YouGow aus 2020 gibt es große Unterschiede zwischen den Ländern. Während in Spanien und Irland rund 40% der Befragten monatlich mindestens einen Podcast hören sind es in den USA, Schweden, Norwegen und Argentinien es mehr als ein Drittel. Deutschland liegt bei den teilgenommenen Ländern mit 24% auf dem letzten Platz.

Wie oft, wann, wo und warum werden Podcasts gehört?

Bei der Frage wie oft die Deutschen Podcast hören ist die Zahl der HörerInnen die (fast) täglich einen Podcast hören konstant gestiegen. Auch der Anteil bei den NutzerInnen, die mindestens einmal pro Monat das Medium verwenden, wuchs um rund ein Drittel. Somit werden Podcasts in Deutschland öfters und von mehr Menschen gehört. Dabei ist auffällig, dass knapp die Hälfte der Befragten einen hohen Bildungsstandard haben. Auch beim Alter zeichnen sich große Unterschiede ab. Ebenfalls fast die Hälfte der Befragten die Podcasts nutzen sind zwischen 14 und 29 Jahre. Somit sprechen Podcasts vor allem eine junge Zielgruppe an. 

Wann und wie lange Podcast gehört werden ist ebenfalls interessant. Bei der Tageszeit zeigt sich deutlich, dass fast die Hälfte der Befragten abends Podcast hören. Bei der optimalen Länge eines Podcast bildet sich kein klarer Trend ab. Deutlich wird dennoch, dass länger als eine Stunde nur 11% der Befragten als optimale Länge empfinden. Dabei werden die Podcasts von über mehr als 70% Zu Hause gehört. Nur 21% der Befragten hören Podcasts unterwegs oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. 

“Zur Unterhaltung”, “um mich über aktuelle Angelegenheiten zu informieren”, “um mich zu bilden” und “zum Entspannen” sind laut der Online-Umfrage von YouGow aus 2019 die häufigsten Gründe für die Podcast-Nutzung. 

Das Smartphone ist hierbei das wichtigste Endgerät und am meisten werden Musikstreaming-Dienste, YouTube oder andere Videoseiten von jüngeren Menschen zwischen 14 bis 19 Jahren genutzt. Während Webseiten, Apps oder Audiotheken von Radiosendern bei NutzerInnen über 50 Jahren am beliebtesten sind. Bei den Musikstreaming-Anbieter dominiert Spotify mit 50% bei den Befragten, darauf folgt Apple Podcast mit knapp ein Drittel.

Welche Themen sind gefragt?

Laut telefonischer Befragung von Bitkom Research aus 2020 sind die Themen der Podcasts sehr vielfältig. Wie sehr die Pandemie auch Einfluss auf die Medien hat, wird an der Themenwahl sehr deutlich. 83% der Befragten hören Podcasts zu diesem Thema. Mehr als die Hälfte hören gerne Nachrichten-Podcasts. Darauf folgen Comedy und Podcasts zum Thema Sport und Freizeit. Dabei gibt es bei der Themenwahl genderspezifische Unterschiede laut der Online-Umfrage von YouGov aus dem Jahr 2019. Nutzerinnen hören am liebsten Podcasts über das Thema Lifestyle und Gesundheit. Auf Platz zwei sind Wissen-Podcasts und auf dem dritten Platz folgen Podcasts über Geschichten. Bei den Nutzern liegen Podcasts zum Thema Nachrichten und Politik auf Platz eins, gefolgt von ebenfalls dem Genre Wissen und Podcasts über Sport und Freizeit.

Content is King

Laut Umfrage von Simon-Kucher & Partners ist das wichtigste Kriterium für die Entscheidung einen Podcast zu hören der Inhalt der Podcast-Folge. Dicht gefolgt vom allgemeinen Thema des Podcasts. Die Persönlichkeit des Moderators/der Moderatorin, die Verfügbarkeit auf bestimmten Plattformen, die Stimme und Qualität des Podcasts folgen danach. Die allgemeine Beliebtheit der Podcasts spielt dabei eine untergeordnete Rolle.

Podcast und Werbung

Der Werbemarkt hat das Format Podcast für sich entdeckt. Laut Statistik von PwC aus dem Jahr 2019 sind die Bruttowerbeumsätze von Podcast in Deutschland in den letzten Jahren gestiegen und erreichten 2019 71 Millionen Euro. Das sind rund 9% des Werts der traditionellen Radiowerbung. 2020 brach der Umsatz aufgrund der Pandemie ein. Dennoch sehen die Prognosen vielversprechend aus. Bis 2024 wird ein Anstieg auf 171 Millionen Euro erwartet, was ein Fünftel der klassischen Radiowerbung entspricht. Dennoch ist die Werbung unbeliebt bei den HörerInnen. 61% der Befragten spulen die Werbung vor, wenn möglich und 58% ignorieren die Werbung. Dennoch hören sich knapp 40% die Werbung an und der Anteil der HörerInnen, die den Podcast abbrechen liegt nur bei 13%.

Die beliebteste Form der Werbung laut der Befragung mit 36% ist das Native Advertisement, bei dem der Moderator oder die Moderatorin die Werbung vorträgt. Danach folgt das Sponsoring für einen Podcast oder einzelne Episoden mit einem Titelsponsor mit 25%. Einen monatlichen Beitrag für die Plattform zu zahlen, auf die der Podcast abrufbar ist, sind 12% der Befragten bereit zu zahlen.

Grundsätzlich herrscht bei der Zahlungsbereitschaft laut der Umfrage von Simon-Kucher & Partners Uneinigkeit. Mehr als 40% wären nicht bereit für ihren Lieblingspodcast einen Beitrag zu zahlen, wohingegen 35% dafür sind. 23% sind sich bei dieser Frage unsicher.

Unabhängigkeitsmedium oder Kommerzmaschine?

Schon in den frühen medien- und marketingwissenschaftlichen Veröffentlichungen von 2007/2008 wurde dem Medium Podcast eine blühende Zukunft, vor allem mit Hinblick auf die Werbewirksamkeit attestiert. Es wurde vorausgesagt, dass die authentische Eigenschaft, die viele Podcast natürlich innehaben ein perfekter Katalysator für entsprechende Werbebotschaften sein würde. Viele Veröffentlichungen haben sich in den darauffolgenden Jahren tatsächlich mit der Nutzung von Podcasts zu Werbezwecken beschäftigt. Über ein Jahrzehnt später sprechen viele Autoren, auch mit Hinblick auf die GAFA (Google, Amazon, Facebook, Apple) immer noch von rosigen Aussichten für Werbetreibende in der Zukunft des Podcasts. Aus heutiger Sicht kann man jedoch mit großer Zufriedenheit sagen, dass die Werbeapokalypse, wie man sie 2008 hätte befürchten können, zum großen Teil ausgeblieben ist. Fakt ist, dass Werbung in Podcasts, etwa um die Sendungen zu finanzieren, heute viel gängiger ist als damals. Allerdings ist die Bereitschaft der Hörer Werbung in Kauf zu nehmen, um einen Podcast zu hören stark begrenzt. Daher sind trotz erheblicher Werbemaßnahmen Podcasts in Summe heute (noch) nicht das hervorstechende Marketinginstrument. Auch haben sich unternehmenseigene Podcast in Deutschland bisher noch nicht im großen Stil durchgesetzt.
Zur Verdeutlichung eine Fangfrage: Hast du gewusst, dass die Deutsche Telekom AG allein auf Spotify mindestens drei verschiedene Podcasts führt?

Fazit

Podcasts sind heute allgegenwärtig. In den vergangen zwei Jahren verging kaum ein Monat, in dem nicht irgendein Promi seinen persönlichen Podcast angekündigt hat. Spätestens damit hat das Phänomen seine volle Zugkraft entfaltet und ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die uneingeschränkte Verfügbarkeit auf praktisch allen Geräten und zu jeder Zeit unterstützen den Trend zusätzlich. Im Jahr 2021 gibt es so viele verschiedene Podcasts wie noch nie. Die Anzahl ist dabei genauso groß wie die Vielfältigkeit. Es wird kaum jemanden geben, der thematisch gar nicht abgeholt wird. Bei diesem bunten, allgegenwärtigen Angebot vergisst man schnell, wie neu das Medium eigentlich ist. Noch vor 17 Jahren kannte den Begriff Podcast niemand. Wir finden es faszinierend wie schnell sich dieser digitale Trends etabliert hat. Bei dem rasanten Tempo kann man schon mal den Überblick verlieren, wie alles angefangen hat. Wir hoffen, dass wir dieses Rätsel für dich mit diesem Blogbeitrag etwas aufklären konnten. 

Wenn du noch nicht genug von dem Thema hast, dann bleibe gespannt. Denn nächste Woche berichten wir über unsere persönlichen Podcast-Empfehlungen. 🙂

Kira & Ben

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